Donnerstag, 12.03.2015

Hasta luego amaZOOnico!

Ich habe die letzten Wochen das Internet eher gemieden, weil ich es anstrengend fande und kein Bedürfnis hatte danach. Leider hat mein Blog ein wenig darunter gelitten. Aber ich werde es so gut wie möglich nachtragen.

Die letzten Wochen ist noch so einiges passiert hier. Ich versuch die Highlights mal zusammenzufassen.

Anfang Februar schossen wir eines unserer eigener Peccaris, weil wir genug zur Nachzucht hatten und es viele Babys gab im vergangenen Jahr. Das Schwein wurde dann präpariert, wobei wir alle zuschauen durften. Mal echt interessant in der heutigen Zeit, in der nicht mehr jede Familie ihre eigenen Hühner und Schweine schlachtet und alle darüber Bescheid wissen. Viele können ja beim Schlachten oder Zerschneiden nicht zuschauen oder mithelfen, trotzdem essen sie alle Fleisch, was dann wieder etwas scheinheilig ist meiner Meinung nach. Wir aßen dann zu 30. davon am Geburtstag unserer Köchin Vero. Es war echt sehr lecker!

Andere Partys hatten wir auch noch. Ein echtes Highlight war die Ridiculous-Party, an der sich alle so bescheuert und ausgeflippt wie möglich verkleiden sollten. Kein Problem bei dem ganzen Gerümpel, was im ganzen amaZOOnico immer wieder auftaucht. Der nächste Arbeitstag war dann etwas anstrengend, v.a. weil wir ungeplant noch alle Früchte für die Tiere, unser Essen und alle Getränke morgens um 7 Uhr hochschleppen duften. Und das über 100 Treppenstufen. Mit Kater. So fängt ein Tag doch super an. Das traurigste war auch noch, dass meine drei Schützlinge an diesem wunderschönen Morgen gestorben sind. Ich war für 12 Stunden die Mami von drei wenigen Stunden alten Babyvögeln in einem Nest, das gefunden wurde. Die Chancen standen aber so schlecht, dass sie trotz meiner hingebungsvollen Pflege starben. Ich bin sogar zwei mal mitten in der Nacht aufgestanden um zu füttern. Hier schließt man die Tierchen einfach so schnell ins Herz, obwohl man weiß, dass sie so oder so sterben werden.

Zu erfreulicheren Themen: Carnaval! Auch in Ecuador ist es ein großes Fest. Für uns hieß das erst mal, dass wir einen Haufen Touris hatten und dementsprechend auch echt viel Arbeit. Am Faschingsdienstag durften wir dann auch mal feiern. Wir gingen also alle bewaffnet mit Tonnen von Farbpulver und Sprühschaum nach Ahuano, dem nächsten Dorf hier. Auf der Gemeindewiese stieg dann die Party- eine einzige Schlacht. Am Ende waren wir kunterbunt und voller Schaum. Müde machten wir uns auf den Heimweg, der erstmal über den Rio Napo führte, dann eine gute halbe Stunde Fußmarsch über die Isla Anaconda durch den Busch. Wir mussten nur noch über den Rio Arajuno übergesetzt werden, dann wären wir zu Hause gewesen. Aber stattdessen war unser Heimweg auf der anderen Flussseite beendet, da uns nämlich unser Kanu vergessen hatte. Anfangs dachten wir, es müsst bald mal kommen, nach etwa zwei Stunden richteten sich die Ersten zum Übernachten ein. Ein Lagerfeuer wurde entfacht, wir spielten Spiele um uns Abzulenken und kuschelten uns wie Pinguine aneinander, denn auch im Regenwald kann es nachts kalt werden. Vor allem da wir alle noch klitschnass waren. Gegen 2 Uhr kam dann unsere Rettung in Form eines Kanus mit Don Victor drin. Nach einer mehr oder weniger (eher letzteres) gründlichen Dusche ging es immer noch farbig und todmüde ins Bett.

 

Meine freien Tage habe ich natürlich auch nochmal voll ausgenutzt. Ich habe entweder Wäsche gewaschen (per Hand...) oder mir einen schönen Tag gemacht mit Lesen, Schreiben, Tiere fotografieren, Filme schauen, Kochen und mehrmals am Tag in unseren Fluss wortwörtlich vor der Haustür springen und sich erfrischen. Aber die Umgebung hab ich auch noch erkundet. Einen Tag haben Kathi und ich unseren Kumpel Niko bei seiner Gastfamilie auf der Isla Anaconda, sprich anderen Flussseite besucht. Er ist mit einer Organisation hier und durfte deswegen für ein paar Wochen bei einem Arbeiter des amaZOOnicos leben. Es war ein super Tag und wir hatten tolle und bewegende Einblicke in das Familienleben von Edison.

Niko beim Einbaum-fahren

 

Edisons Haus

 

An meinen nächsten freien Tagen ging ich mit Nora und Kathi raften. Das war unglaublich lustig, aber auch echter Sport. Wir waren den ganzen Tag unterwegs und bekamen deshalb auch Mittagessen- Tortillas zum selber füllen am Strand (dass es nieselte verschweig ich jetzt lieber, um euch den Neid nicht zu nehmen.). Nein im Ernst: es war muy chevere (sp. Für sehr toll/cool/super). Unsere beiden Guides waren super nett und wir hatten eine Menge Spaß, auch wenn es uns bei den reißenden Stromschnellen schon öfters aus dem Boot schleuderte. Das Wasser war dann schon sehr - ähm- erfrischend. Untergegangen ist aber dank unseren super sexy Schwimmwesten und dem schicken Helm keiner.

Außerdem besuchte ich auch noch die Cascadas de Misahuallí, die Wasserfälle von Misahuallí, einer kleinen Stadt in der Nähe. Mit Bus und per Anhalter gelangten wir dorthin.Wir gingen zum Glück frühzeitig los und so hatten wir nach dem etwa halbstündigen Aufstieg alles nur für uns zwei. Es war wunderschön dort, total abgelegen, mitten im Regenwald. Der größte der Wasserfälle fiel in ein Becken mit hohen Felswänden außen herum, man war also wirklich total abgeschieden und konnte in Ruhe baden und die Sonne auf den großen Felsblöcken genießen. Und das leckere selbstgebackene Focaccia vom Vortag essen. So kann sich ein freier Tag echt aushalten lassen...

 

Nach Misahuallí selber wollten wir eigentlich gar nicht, aber wir mussten ja irgendwie wieder zurück kommen und so hielten wir trotzdem und aßen ein paar Eis am Stiel. Weshalb wir nicht dorthin wollten hatte einen Grund: es gibt eine sehr bekannte und beliebte Touristenattraktion dort: „freie“ Kapuzineraffen. Sie wohnen dort in der Stadt am Flussufer und sind einigermaßen zahm. Sie stehlen den Touristen Essen und andere Gegenstände und das finden die bescheuerten Touris immer ganz witzig. Eigentlich ist es richtige Tierquälerei, was dort betrieben wird. Denn die Affen sind nicht freiwillig dorthin gegangen, sondern sind ehemalige Haustiere, die einfach aus den Käfigen freigelassen wurden, in denen sie jahrelang gehalten wurden. Wer weiß, dass Affen allgemein sich so sehr an Menschen binden, v.a. die sehr intelligenten Kapuziner, für den ist es auch kein Wunder, dass sie nicht von einem auf den anderen Tag ohne Mensch können. Sie bleiben also bei ihnen, außer man wildert sie ordentlich und jahrelang aus. Das ist bei den Affen in Misahuallí ganz offensichtlich nicht geschehen. Und die Touris kommen ganz nah an sie hin, berühren sie, geben ihnen Süßigkeiten, jagen sie oder greifen nach ihren Babys. Die Affen sind supergestresst und komplett durchgedreht. Kathi und ich hätten am liebsten geheult und sie alle zu uns genommen, um ihnen ein bisschen Affenwürde zurückzugeben. Als ob dieses traurige Erlebnis noch nicht genug war für den sonst genialen Tag, hatten wir auf der Rückfahrt noch ein Erlebnis der anderen Art. An der Bushaltestelle trafen wir einen süßen alten Opi, der mit seinem Eisfahrradladen/Eisladenfahrrad unterwegs war. Wir kauften ihm auch eins ab, weil er so lieb war, aber es blieb uns fast im Hals stecken, als er zu predigen begann. Denn dieser nette alte Mann war von einer hirnrissigen Sekte in Ecuador. Er tat uns ja echt leid, dass er so eine Sch**** glaubte, das Geschwafel wollten wir uns trotzdem nicht anhören. Mussten wir aber, denn der blöde Bus wollte und wollte einfach nicht kommen. Für den Opi kam die Erlösung durch den Herrn schon in wenigen Tagen (deswegen wollte er uns auch noch schleunigst auf den richtigen Weg führen), unsere kam in Form des Busses. Eine gute Sache hatte die Monologs-Unterhaltung dann doch: ich hab festgestellt, dass ich fast alles verstand. Sogar dass die Russen die Hölle gefunden haben sollen und die Schreie aus diesem Loch in der Erde ganz grausam klangen konnte ich verstehen. In diesem Fall wohl eher leider...

Höllisch gut war auch unser Ausflug zu den Lagunas Azules, den Blauen Lagunen bei Tena. Nora, Kathi und mich machten uns dort einen schönen Vormittag und Mittag. Wir kletterten auf riesigen Felsen entlang des Flusses, badeten im eiskalten Wasser und genossen die verwunschenen und einsamen Plätzchen überall.

 

 

Einen zweiten Dschungelwalk mit unserem Waldhüter Ruben unternahm ich auch noch. Beim ersten Versuch haben Jana uns ja schön verlaufen auf der Suche nach seinem Haus. Inzwischen wusste ich jedoch, wo es war, dennoch wollte uns wohl das Schicksal immer noch einen Strich durch die Rechnung machen, da kein Kanu kam und wir deshalb den Bus verpassten. So konnten wir bei strammen Marsch in Richtung Rubens Haus immerhin den Morgen-Nebel über dem Regenwald bewundern. Bis uns glücklicherweise ein Camioneta (kleiner LKW/Lieferwagen) mitnahm. Wäre auch zu schade gewesen, wenn wires wieder nicht rechtzeitig zu Ruben geschafft hätten, denn es war wirklich unglaublich, was wir alles sahen. Die weniger spektakulären Entdeckungen sind Paka- (riesiges nachtaktives Nagetier) und Tapir-Spuren und viele Rufe von Tukanen und verschiedenen Papageien. Das coole war die Spur eines Riesengürteltiers, da es sehr sehr selten hier ist und wir nicht wussten, dass es überhaupt noch welche bei uns im Schutzwald gibt. Unsere Waldhüter haben auch erst einmal überhaupt eine Spur gesehen. Außerdem sahen wir eine Gruppe von fünf Mönchsschweifaffen und das gleich drei Mal. Einmal sah ich einem direkt in sein Gesicht und er mir, bevor er schnell abhaute. Das war echt richtig cool!

 

eine haarige Raupe

 

Und jetzt heißt es schon wieder Abschied nehmen. Kaum zu glauben, aber meine Tage als Volontärin im amaZOOnico sind gezählt. Wie konnte das nur passieren, ich bin doch gerade erst angekommen?! Und gleichzeitig kommt mir meine Ankunft schon wieder so ewig her vor. Mein Abenteuer hier im Regenwald mit den Tieren erscheint mir so irreal und doch war es mein Alltag, mein neues Zuhause mit meinen Mitvolontären als neue Ersatzfamilie. Ich habe mich doch gerade erst an alles gewöhnt und trotzdem scheint es, als hätte es nie irgendwas anderes als mein Leben hier gegeben. Ich will nicht von hier gehen und trotzdem freue ich mich total auf die nächsten Wochen Reisen und v.a. auf meine Familia, meinen Novio und meine Amigos en Allemania. Einerseits ist es jetzt ok zu gehen, denn die Zeit ist einfach vorbei jetzt, aber andererseits würde ich auch total gerne verlängern. Ein einziges Gefühlschaos...

Der Abschied an sich am 12. März war dann schon schwer. Am Abend davor gabs eine große Goodbye-Fiesta für Hannah, Nora und mich. Wir haben nochmal ordentlich gefeiert im amaZOOnico-Stil mit Cerveza, Ron und Vino aus dem Tetrapak. Außerdem wurde auch einmal mehr in der Küche getanzt. Einfach so wie jeder Lust hat ohne großes Tamtam und barfuß oder sockig. So richtig familiär halt. Und genau diese Familie werde ich vermissen. Der Abschied war verkatert und tränenreich, ein paar werde ich während meiner vierwöchigen Reise nochmal treffen. Andere sieht man vielleicht in den nächsten Monaten oder Jahren, ein paar vielleicht auch niemals wieder. Aber so ist das im Leben halt.

Die Zeit im amaZOOnico war unbeschreiblich. Es war nicht immer lustig oder spannend oder abenteuerlich. Aber genau deshalb war es insgesamt gesehen eine perfekte Zeit- mit seinen Höhen und Tiefen. Und ich werde sie immer in Erinnerung behalten und gerne an sie zurückdenken. Vielleicht, vielleicht komme ich eines Tages ja wieder zurück!